Georg Büchners »Leonce und Lena« entführt die Zuschauenden in eine Welt voller Liebe, Identitätskrisen und gesellschaftlichen Absurditäten. Der junge Prinz Leonce (Roman Majewski) aus dem Königreich Popo hat alles, was man sich wünschen könnte, ist jedoch von dem Überfluss und den gesellschaftlichen Erwartungen in seinem Leben gelangweilt. Ziellos trottet er durch seinen Alltag, bis ihn eine vom Vater (Gerd Zinck) arrangierte Ehe zum Handeln treibt. Gemeinsam mit seinem Freund und Diener Valerio (Gabriel von Berlepsch) flieht er nach Italien, wo er zufällig auf die Prinzessin Lena (Tara Helena Weiß) und ihre Begleitung (Nathalie Thiede) aus dem Königreich Pipi trifft. Ohne zu wissen, dass sie füreinander bestimmt sind, verlieben sich die beiden. Gemeinsam kehren Leonce und Lena schließlich ins Königreich Popo zurück, wo sie entdecken, dass sie der Prinz und die Prinzessin sind, die eigentlich vermählt werden sollten. Schließlich endet das Stück mit einer versöhnlichen Wendung, in der sie ihre Pflicht akzeptieren und an ihrer Liebe festhalten können.
Tanju Girişkens Inszenierung schafft es, den fast 200 Jahre alten Text auf zugängliche Weise zu präsentieren und durch eine spielerische, assoziative und freie Art lebendig erlebbar zu machen. So findet sich das Ensemble in einem alten Schwimmbad wieder, das eine kreative und nostalgische Kulisse für das Geschehen bietet. Marlene Pieroth hat mit diesem ungewöhnlichen Setting eine Atmosphäre geschaffen, die der Komödie eine gewisse Melancholie verleiht.
Die Kostüme (Marlene Pieroth) sind ein weiteres Highlight. Lena und Leonce zum Beispiel tragen auffällige Jogginganzüge mit Rüschen und Volants versehen, die zur spielerischen Stimmung des Stücks beitragen und eine kreative Verbindung von ›früher‹ und ›heute‹ sind.
Die musikalische Umsetzung von Hans Könnecke vervollständigt diesen Eindruck, denn gesangliche Einlagen und energetische Choreografien zu elektronischen Bässen schaffen eine spannende Verbindung zwischen dem klassischen Text und modernen Elementen. Unterstützt wird dies außerdem durch den Einsatz verschiedener multimedialer Techniken.
Die Darsteller*innen zeichnen sich nicht nur durch ihre schauspielerische Leistung aus, sondern auch durch ihre außergewöhnliche Fähigkeit, mit dem Publikum zu interagieren. Wenn sie wie zufällig ›aus der Rolle fallen‹, ist das kein Bruch, sondern eine Einladung, Teil der Geschichte zu werden.
Insgesamt ist »Leonce und Lena« nicht nur eine amüsante Komödie, sondern auch eine kluge Auseinandersetzung mit Themen wie Freiheit, Selbstbestimmung und Liebe. Das Stück ist wärmstens zu empfehlen – es ist eine gelungene Mischung aus Humor und Gesellschaftskritik, die zum Nachdenken anregt und gleichzeitig unterhält.