Theater einBLICK

24.09.2025

»Nebenan«

Hedda Rienäcker, Scharfer Blick / Kritiker*innenclub 23.9.2025
Nebenan
Zum Stück

Aber wo ist das? Das erfahren wir schnell: Diesen Abend verbringen wir in einer Eckkneipe im einfachen Berliner Kiez. Die Wirtin (Stella Maria Köb): beschäftigt mit dem Ausschank, die beiden Stammgäste (Ronny Thalmeyer als Bruno, Nikolaus Kühn als Micha): noch etwas schweigsam, mit einem Bier beschäftigt, an der Theke sitzend.

Die Kneipentür öffnet sich stürmisch, herein kommt ein weiterer Gast. Er sorgt für Irritation: äußerlich sehr adrett, ein nicht hier in diesem Milieu zu erwartender Gast (Moritz Schulze als Daniel). Schnell stellt sich heraus, dass er Schauspieler ist, denn er beschäftigt sich mit dem Text, den er für sein nächstes Casting lernen muss. Er führt sofort laute und störende Telefonate mit seinem Assistenten, seiner Casting-Agentin, dem Head of Production. Dann, erst gelangweilt, hochnäsig, »einen Kaffee, bitte«, sitzt er an seinem Tisch und Bruno beginnt ein Gespräch mit ihm. Bruno ist Ossi mit Stasi- und Gefängniserfahrung und voller Frust, Nachbar von Daniel. Sein Vater hat in Daniels Wohnung gewohnt, bis sie ihm zu teuer wurde. Daniel ist erfolgreicher Schauspieler, an diesem Tag zu früh von zu Hause aufgebrochen, um sein Flugzeug zu erreichen, und, um sich nicht in der Lobby zu langweilen, in dieser Eckkneipe gelandet.

Im Verlauf des Gesprächs stellt Bruno sich schnell als Stalker mit Stasi-Methoden heraus. Er verfügt über detailliertes Wissen über Daniel, sein Leben, seine Gewohnheiten und hat – ebenso –umfangreiche und intime Details seiner Ehefrau. Heftig und angespannt sind die Dialoge der beiden, sie eskalieren verbal und emotional immer mehr. Bruno provoziert, Daniel ist verzweifelt über das Bloßlegen seines Lebens und das seiner Ehefrau bis zu einem letzten Showdown.

Die Darsteller dieses fesselnden Theaterstücks – mit viel Humor nicht nur durch Micha und Gesangseinlagen mit gewolltem Nicht-Perfektionismus ergänzt – zeigen durch rundum eindrucksvolle Szenen ein spannendes und kontroverses Milieustück, in dem am Ende viel zerbrochen zu sein scheint. Das Publikum bedankt sich mit ausgiebigem Beifall.