Zur Jahreskonferenz der Busch-Figuren werden wieder etliche prominente Persönlichkeiten wie die fromme Helene oder Lehrer Lämpel, Max und Moritz, Huckebein oder Witwe Bolte mit von der Partie sein. Auch die Parze mit der Nasenwarze wird erwartet! In ihrer Fachtagung wollen sie über das Erbe ihres Erschaffers, Fragen zur politischen Korrektheit ihrer Existenz und überholte Frauenbilder diskutieren. Doch bevor Sie Zeug*innen dieser Konferenz werden, haben Sie die Gelegenheit, die Teilnehmer*innen, viele weitere Busch-Figuren und vielleicht sogar den zeichnenden Vater höchstpersönlich in einem Parcours durch das ganz Haus kennenzulernen.
Zu den Autorinnen
Rebekka Kricheldorf wuchs in Freiburg auf. Nach dem Abitur studierte sie an der Humboldt-Universität Berlin Romanistik und absolvierte den Studiengang Szenisches Schreiben an der Universität der Künste Berlin. Sie schrieb Auftragswerke für das Staatstheater Stuttgart, das Theater am Neumarkt Zürich, das Staatstheater Kassel und für das Deutsche Theater in Berlin. 2004 war sie Hausautorin am Nationaltheater Mannheim, von
2009 bis 2011 am Theaterhaus Jena, wo sie auch als Dramaturgin und Mitglied der künstlerischen Leitung tätig war. Für das Deutsche Theater Göttingen schrieb sie bereits »Homo Empathicus« (eingeladen zu den Mülheimer Theatertagen 2015), »In der Fremde« (Spielzeit 2015/16) und »Frl. Agnes«.
Hannah Zufall, 1987 geboren, hat in Hildesheim Szenische Künste und in Aix-en-Provence Les arts du spectacle studiert. Anschließend hat sie u. a. bei der Performancegruppe SIGNA als Schauspielerin sowie an der Schaubühne am Lehniner Platz in Berlin als Regieassistentin gearbeitet. 2013 wird sie für den ersten Osnabrücker Dramatikerpreis sowie 2014 für den Leonhard-Frank-Preis in Würzburg nominiert. Zurzeit lebt Hannah Zufall in Berlin und arbeitet als Dramatikerin und Literaturwissenschaftlerin. Für das Deutsche Theater Göttingen schreibt sie in der Spielzeit 2015/16 »Weil sie nicht gestorben sind«.
Pressestimmen
Hommage an Wilhelm Busch am Deutschen Theater Göttingen »Die Regisseurin Annette Pullen und die Dramaturginnen Sonja Bachmann und Monika Rieken haben das Stück als großartiges und witziges Überraschungstheater mit mehr als zwei Stunden Länge inszeniert – und bespielen dabei gleich das gesamte Theater.«
Udo Hinz, göttinger-tageblatt.de 25.6.2022
Mit Getöse, schrecklich groß »Im Deutschen Theater Göttingen inszeniert Annette Pullen eine wilde Fahrt durch Leben und Werk Wilhelm Buschs … Zuviel soll hier verhandelt werden: Feminismus, die Frage nach schwarzem Humor, die Frage danach, ob all die Gewalt lustig ist oder nicht, die Frage, ob Max und Moritz die Produkte von familiärer Gewalt sind, die Psychologie der Figuren und inwieweit sich Rückschlüsse auf ihren Schöpfer schließen lassen, nur, um das gleich wieder wegzuwischen mit der Bemerkung, ›Küchenpsychologie‹ bringe einen auch nicht weiter. Möglich, dass all das bröckeln soll, dass hier gar kein Fokus entstehen soll – schließlich ist es ein »Bilderreigen«. Dennoch ließe sich aus jedem der Gedanken ein ganzer Abend konstruieren. Hier rauschen sie winkend vorbei und werden nie wieder gesehen. Das ist einerseits schade – andererseits aber auch beeindruckend verdichtet, und trotz der zweieinhalb Stunden ist der bröckelig-dichte Abend dann doch zu schnell vorbei.«
Jan Fischer, nachtkritik.de 25.6.2022
Mit Fannys Pfannkuchen durch die Busch-Welt »Genial ist hier die Körperbeherrschung, mit der Beeler mimt, wie er als Moritz k.o. geht. Alle Schauspieler*innen verschmelzen mit ihren – oft auch mehreren – Rollen. So wie Ronny Thalmeyer als alter Busch und Nathalie Thiede als Fritz und Julchen überzeugen, glänzt die Parze (Andrea Casabianchi) mit der singenden Säge. Für Stimmung sorgt Struwwelpeter (Gabriel von Berlepsch), der versucht, sich in den Busch-Reigen zu mogeln.«
Ute Lawrenz, HNA, 27.6.2022
Die Würde der Witzfigur »Allein wie geschmeidig dieser Ablauf organisiert und orchestriert wird verdient höchsten Respekt an das Regieteam von Annette Pullen und ihren Assistentinnen. Aber auch die zu besuchenden abwechs-lungsreichen Ausstellungen und Darbietungen sind in ihrer Abfolge stimmig und bringen einem nicht nur die Protagonisten des Wilhelm Busch, sondern auch seine Person selbst auf amüsant-verschmitzter Weise näher … Ein Tipp zum Schluss: Immer beides, Augen und Ohren offenhalten und den Abend genießen; dann kommt man bei dieser wunderbar positiven, herzlichen Hommage voll auf seine Kosten. Ein wahrlich feierlich-feuerwerkähnlicher Abschluss dieser sicher nicht immer einfachen Spielzeit. – Danke dafür!«
Ingrid Rosine Floerke, Scharfer Blick/Kritikerclub 25.6.2022
This Pisspott is art »Mit dieser Uraufführung legt Annette Pullen einen Einstand nach Maß am Deutschen Theater Göttin-gen. Ihre Inszenierung einer Wilhelm-Busch-Revue hat Witz, Tiefgang, Satire, Finten, Selbstironie, Dis-kussionsbedarf und Unterhaltungswert. Mehr kann man sich nicht wünschen … Die Autorinnen und die Regisseurin nutzen die Chance, die ihnen Busch mit seinen angedeuteten Figuren gegeben hat und bauen sie zu echten Charakteren aus … Marco Matthes ist als Sitzungsleiter Lämpel so herrlich über-fordert, dass man gelegentlich Mitleid mit ihm bekommt. Sein Bekenntnis, dass er die Rolle des Ord-nungshüters nur spiele, weil es ja irgendjemand machen müsse, klingt ehrlich, herzergreifend und überzeugend. Doch die inhaltlichen Schwerpunkte setzen zwei Frauen. In der Rolle der frommen Hele-ne hält Rebecca Klingenberg ein starkes Plädoyer für das Recht auf Scheitern, das man mit Applaus quittieren muss ... Es erschließt sich nicht auf den ersten und auch nicht auf den zweiten Blick, wel-chen Bezug das Bühnenbild von Gregor Sturm zu Busch hat. Aber fliegende Schränke sehen nicht nur fantastisch aus, sie hätten dem Wilhelm bestimmt auch gefallen.«
Thomas Kügler, harzerkriti-ker.blogspot.com, 7.7.2022