Warten auf Godot

Samuel Beckett
dt.1
Premiere 02. November 2019
Dauer 140 Minuten
Deutsch von Elmar Tophoven
Eine leere Landschaft, darin ein kahler Baum, zwei abgerissene Gestalten. Und jede Menge Zeit. Zeit, die es zu füllen gilt, ganz ohne Netz, ohne Smartphone. Seit 1952 warten Vladimir und Estragon gemeinsam auf den mysteriösen Herrn Godot, zwei am Straßenrand gestrandete Tramps, die im Wesentlichen die Hoffnung verbindet, dass sich ihr Leben durch das Erscheinen Godots verändern wird. Doch statt Godot kommen nur der autokratische Landbesitzer Pozzo und sein Diener Lucky vorbei. Lucky immerhin beherrscht die Kunst des lauten Denkens und sorgt mit einer Rede, in der Gott, die Welt und die Kunst zur Bedeutungslosigkeit herabgewürdigt werden, für Abwechslung. Ein virtuoser Beweis, dass weder Theologen noch Intellektuelle, noch Künstler die existenziellen Fragen des Menschseins beantworten können. Der Herr und sein Diener haben sich eingerichtet in einem Materialismus, der die Frage nach einem höheren Sinn des Lebens für obsolet erklärt. Für sie zählen nur Besitz und die damit verbundenen Machtstrukturen. Zwar gibt es auch für Vladimir und Estragon keinen Beweis für die Sinnhaftigkeit ihrer Existenz, aber in ihrem Warten manifestiert sich ein Rest von Hoffnung, diese doch noch erfahren zu können. So werden sie zu Protagonisten einer Tragikomödie.

Zum Autor Samuel Beckett
Als Ire mit Wahlheimat Frankreich vereint Samuel Beckett (1906-1989) den hintergründigen Humor der grünen Insel und die intellektuelle Brillanz der Grande Nation. Schon in den 1950er-Jahren irritierte er das Publikum mit Stücken, in denen die Schauspieler*innen in Tonnen oder Sandbergen fixiert waren oder sich dem übermäßigen Genuss von Bananen hingaben. Sein Theater tendiert zur Performance in einer Zeit, in der Perfomance als Kunstaktion noch gar nicht erfunden war. Sein Name ist untrennbar mit dem Begriff des Absurden Theaters verbunden. 1969 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.

Warten auf Godot

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Pressestimmen

Das Ende der Menschlichkeit »Wie nähert man sich einem Stück, das seit mehr als 60 Jahren zu den Allgemeinplätzen des Theaters gehört? Man nähert sich so wie Erich Sidler mit seiner Inszenierung … Weil es zur Inszenierung noch starke Schauspieler gab, fiel der Applaus bei der Premiere sehr stark aus … Erich Sidler hat eine Arbeit abgeliefert, die das Kunststück vollbringt und dem viel Gespielten eine neue und wichtige Perspektive gibt. Sein Wladimir und sein Estragon sind keine Gescheiterten, die auf einer Bank sitzend sich in Küchenphilosophie üben. Sie werden zu Agierenden. Damit verschiebt Sidler den Fokus vom Plaudern über die Absurditäten der menschlichen Existenz hin zur zwischenmenschlichen Interaktion. Er zeigt Abhängigkeiten und Machtstrukturen und wie schnell sich Menschen davon korrumpieren lassen … Das ist aber nur möglich, weil er mit Paul Wenning, Gerd Zinck und Bastian Dulisch drei starke Hauptdarsteller aufbieten kann … Roman Majewski hat wohl die schwierigste Rolle der Inszenierung. Gramgebeugt und geschunden weckt er Mitleid und lässt mitleiden. Es ist ein Bild, das sich einprägt und das Publikum zum Schweigen bringt.«
Thomas Kügler, Harzkurier 7.11.2019

Zeitloses Stück mit Wucht »Eine wunderbar zeitlose Inszenierung, die Eindruck hinterlässt … Wennings starke Präsenz als freundlicher Vladimir ist beeindruckend. Sidler lässt seinen Schauspielern auf der aufgeräumten Bühne (Dirk Becker) den nötigen Raum. Er lässt das Stück wohltuend unverkrampft in der Zeitlosigkeit wirken – ohne es mit Jogginghosen oder DJs ins Jetzt zu prügeln. Der laute und arrogante Pozzo und der vergessliche Estragon sind mit Dulisch und Zinck ideal besetzt. Majewskis Leistung, einen derart tragischen Lucky zu geben, ist schlicht grandios.«
Britta Bielefeld, Göttinger Tageblatt 4.11.2019

Zeit ohne Ende »Erich Sidler hat mit ›Warten auf Godot‹ von Samuel Beckett einen Klassiker aufgegriffen. Mit diesem aus seiner Sicht ›starken Stück‹ ist ein faszinierender Abend gelungen … Mit Paul Wenning als Vladimir und Gerd Zinck als Estragon hat Sidler eine gute Wahl getroffen. Ihnen gelingt es, den ins Nichts führenden verbalen Schlagabtausch mit überlebenswichtiger Essenz zu füllen … Wunderbar herrisch gelingt Bastian Dulisch der Landbesitzer … Tolle Schauspieler in einer eindrucksvollen Klassiker-Inszenierung … Bei der Premiere andauernder begeisterter Applaus mit Bravos.«
Ute Lawrenz, HNA 4.11.2019

Gerne wieder: Warten auf Godot »Fast zwei Stunden lang warten Estragon und Vladimir, vertreiben sich und dem Publikum die Zeit. Langweilig wird es dabei so gut wie nie. Das ist auch der gelungenen Regie Erich Sidlers geschuldet, die sich eng am Text orientiert … Er nimmt die Figuren so ernst wie möglich und setzt damit der absurden Handlung eine Ernsthaftigkeit im Auftritt entgegen … Indem sich die Regie ganz auf die agierenden Figuren konzentriert, ohne viel Schnickschnack, ohne viele modernisierende Elemente, tut sie dem Stück und seiner Wirkung einen großen Gefallen. Denn nur so können sich die Schauspieler wirklich entfalten. Und wie sie das tun! Dass das Ensemble des Deutschen Theaters insgesamt stark besetzt ist, wird an diesem Abend einmal mehr deutlich. Paul Wenning darf … auch mal Zwischentöne zeigen und tut dies auch recht überzeugend. Wie Gerd Zinck auch gebührt ihm allein schon wegen der großen Menge an recht gleichförmigem Text eine Extraportion Respekt. Roman Majewski hat als Lucky eine körperlich anstrengende Rolle zu meistern und verschmilzt geradezu mit dieser schlecht einschätzbaren Figur … Neu im Ensemble ist Bastian Dulisch, der in dieser Inszenierung als Pozzo eine große Bandbreite zeigen muss – und in jeder Sekunde große schauspielerische Präsenz beweist. Absurdes Theater in einer im besten Sinne traditionellen Inszenierung und mit beeindruckenden Schauspielerleistungen – Warterei bereitet selten so viel Freude.«
Marcel Lorenz, unddasleben.wordpress.com 4.11.2019

Lebenszeit in echt »Vor dem luftigen Videoprospekt mit Wolkenhimmelsblau und der Aussicht auf eine weit ausufernde Allee begegnen sich Wladimir und Estragon auf ein Neues … Oft scheint Paul Wenning den aufmunternden Part zu behaupten, wenn Gerd Zinck den Zweifler über die weiteren Aussichten bekräftigt und auch mal für Selbstmord plädiert. Und wieder täuscht das Stellungsspiel der beiden Schauspieler, die sich ganz im Sinne Becketts nicht vorschreiben lassen, wie sie zu sein haben, sondern ständig neue abseitige und naheliegende Gedankensplitter bewegen und sich halt ab und an vergewissern, dass sie dabei auch warten … Bastian Dulisch wütet eben nicht nur mit der Peitsche und mit Worten gegen seinen verkrümmten Lastenträger. Sein Pozzo klammert sich an ein System, das sich vor jeglichen Veränderungen und Entwicklungen hermetisch verschließt. Er hat in Roman Majewski und seinem Lucky ein stoisches Gegenüber, der ihn darin auch bestärkt und ständig herausfordert … Becketts Credo ›Scheitern, wieder scheitern, immer scheitern, besser scheitern‹ beflügelt an diesem Abend auch seine beiden Unruhegeister, weil sie sich gemeinschaftlich ans Werk machen, aneinander immer wieder Halt finden und auch damit zu denken geben.« <br /> https://www.kulturbuero-goettingen.de/rezensionen/8712-lebenszeit-in-echt
Tina Fibiger, Göttinger Kulturbüro 6.11.2019

Das Warten auf Godot und die Frage nach dem ›warum‹? »Die Inszenierung durch Erich Sidler (Regie) gelingt als intensives Erlebnis und eine Hommage an das Stück von Samuel Beckett. Die Szenerie auf der Bühne besticht in ihrer Einfachheit, die hintergrundausfüllende Videoaufnahme einer Landstraße, die wie die Grenzen der Realität des Stückes mal verschwommen, mal gestochen klar erscheint (Video: Moritz Hils), geben dem gesprochenen Wort genauso den verdienten Raum wie das klare Bühnenbild (Dirk Becker) einer einfachen Straßenlaterne … Das Schauspielerquartett brilliert an diesem Abend; besonders eindrucksvoll ist die sehr physische Darstellung des Lucky durch Majewski, aber auch der Ensembleneuzugang Dulisch erweist sich als ein echter Glücksgriff für das Deutsche Theater Göttingen. Becketts Bühnenwerk mag nicht in die Kategorie der sanft plätschernden Abendunterhaltung fallen, die eindrucksvolle Aufführung in ihrer Gesamtheit hallt jedoch auch nach der letzten Verbeugung noch länger nach und ist absolut erlebenswert.«
Lisa Eisenkrätzer, Scharfer Blick/Kritikerclub 7.11.2019

Ungewissheit und Hoffnung »Die Umsetzung des Stoffes ist durch die Ensemblemitglieder Gerd Zinck, Paul Wenning, Bastian Dulisch sowie besonders beeindruckend Roman Majewski als gelungen zu bezeichnen. Der recht kurze Auftritt des ›Jungen‹ (Spencer Kießling) bleibt haften … Somit regt das Deutsche Theater wieder einmal an über nicht so einfache Dinge nachzudenken.«
Ingrid Rosine Floerke, Scharfer Blick/Kritikerclub 6.11.2019

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