Bühnenbildnerin Anna Armann hat die Bühne einfach und doch sehr beeindruckend gestaltet. In der Mitte ein Glascontainer, beim Einlass sind die orangenen Vorhänge ringsherum zugezogen, wie sich später zeigt, ist es die Wohnküche des Ehepaares Quangel und drehbar. Links, rechts und hinten schwarze Stuhlreihen, auf der rechten Seite sitzt bereits beim Einlass eine Frau, die unbewegt ins Leere zu starren scheint. Neonlampen unter der Decke verstärken die kalte Atmosphäre auf der Bühne. Die stets informierte Postbotin Eva Kluge (Nathalie Thiede) bring dem Ehepaar Quangel die Nachricht, dass ihr Sohn, der nie Soldat sein wollte, einen Tag vor der Kapitulation Frankreichs gefallen ist. Eine Welt bricht für die bisher linientreuen Eltern zusammen. Otto Quangel (Marco Matthes) schwört Rache durch schriftliche Warnung seiner Mitmenschen über Karten, auf welchen beispielsweise zu lesen ist: »Der Führer wird auch deinen Sohn töten.« Quangel ist bewusst, dass er beim Verteilen der Botschaften sein Leben aufs Spiel setzt, und er auch seine Frau Anna in Gefahr bringt, welche ihren Mann dennoch mutig unterstützt. Insbesondere vor Menschen wie dem neugierigen, aufmerksamen Mitbewohner der Hausgemeinschaft, Emil Barkhausen (Leonard Wilhelm) muss das Ehepaar sich in Acht nehmen. Enno Kluge (Volker Muthmann), der als unschuldiger Arbeiter, Drückeberger und Lebemann beim Arztbesuch in Verbindung mit einer Widerstandsbotschaft kommt und von der Ärztin (Charlotte Wollrad) gemeldet wird, gerät ins Fadenkreuz der Ermittlungen und kommt zu Tode. Ausgerechnet Traudel Bauman (ebenfalls Charlotte Wollrad), die Verlobte des gefallenen Ottochens, erwischt Herrn Quangel beim Verteilen einer Botschaft. Das Schicksal nimmt seinen Lauf und am Ende landet das Ehepaar Quangel im Gefängnis, zur Hinrichtung verurteilt. Der pflichtbewusste Mitläufer Kommissar Escherich (Daniel Mühe) und sein Vorgesetzter, der unerbittliche, regimetreue, brutale Obergruppenführer Prall (Leonard Wilhelm) haben ihr Ziel erreicht und den Widerstand von Bürger*innen gestoppt.
Diese Stück zeigt den Schrecken des Alltages unter einer autoritären Regierung und die verschiedenen Einstellungen von Menschen. Diese werden eindrucksvoll durch die Schauspielenden verkörpert. Das Ehepaar Quangel wechselt von Anpassung und Stillhalten zum Widerstand gegen das Regime. Enno Kluge konzentriert sich eher auf sein tägliches Leben und Kommissar Escherich zögert Entscheidungen lieber heraus und hat je nach Situation oder Zeitraum widersprüchliche Ansichten. Die Kostüme (Josephin Thomas) sind passend und unterstreichen wirkungsvoll die verschiedenen Charaktere.
Das tragische Ende von Frau Rosenthal (Andrea Strube), welche ausdauernd am rechten Bühnenrand still im Hintergrund saß und erst am Schluss der Aufführung ihren traurigen Auftritt hat lässt das Publikum möglicherweise erstarren und hält es trotz tosenden, langanhaltenden Applauses, von Standing Ovations ab. Die Regie (Mathias Spaan) hat aus meiner Sicht sehr anschaulich gemacht, wie wichtig es ist, Haltung zu zeigen und Mitmenschen aufzurütteln. Die Darsteller*innen zeigen dem Publikum in eindrucksvoller Weise, wie Mitläufer*innen sein können, wie falsch einige Personen sind, dass Misstrauen oft angebracht und Widerstand nie erfolglos ist. Es erregt Aufsehen, dass die Wahrheit auf Zetteln zu lesen ist und, wenn auch durch Angst und Schrecken, Mitbürger*innen zum Umdenken aufgerüttelt werden. Diese Aufführung zeigt, wie wichtig es ist, für seine eigenen Überzeugungen einzutreten, es ruft zu menschlicher Solidarität auf und ist absolut sehenswert.